Ein Mordprozess erlaubt Einblicke in den Alltag einer ungewhnlichen Sippe. Sie hatte sich in Bad Mergentheim niedergelassen und von dort aus Raubzge unternommen, ist der Staatsanwalt berzeugt.
Autor: HANS GEORG FRANK |Franz-Josef Heering von der Staatsanwaltschaft Mosbach glaubt zu wissen, wie ein aus Ungarn stammender Familienverband in Bad Mergentheim fr sein Auskommen sorgte: "mageblich aus staatlichen Transferleistungen und aus Delikten gegen fremdes Vermgen". Als die Haushaltskasse sich mit Kindergeld und Sozialhilfe nicht mehr ausreichend fllen lie, soll "Mama", das 62-jhrige Oberhaupt der "Gruppierung" einen berfall in Auftrag gegeben haben. Dabei, so die Anklage, htten ihr Sohn (26) und ihr Neffe (34) auch vor einem Mord nicht zurckschrecken mssen.
Vor dem Landgericht Mosbach begann gestern der Prozess gegen das Trio aus dem Taubertal. Dabei legte der 26-Jhrige ein Gestndnis ab. Demnach hat er im Dezember 2012 einen Antiquittenhndler mit einem Gipserbeil gettet. Dafr habe er allerdings nicht auf Befehl seiner Mutter gehandelt. Dem 70-jhrigen Opfer war mit dem Werkzeug der Schdel eingeschlagen worden.
Dieser Geschftsmann war bereits ziemlich genau ein Jahr zuvor berfallen worden. Damals konnte sich der krftige Judoka (brauner Grtel) gegen die Eindringlinge erwehren. Die ohne Beute geflchteten Tter wurden gefasst, sie sollen laut Staatsanwalt Heering aus dem Umfeld der jetzt angeklagten Bande stammen.
Bei der Fahndung stie die Polizei auf den Clan in Bad Mergentheim. Aus abgehrten Telefonaten erfuhren die Ermittler von einem weiteren Verbrechen. Demnach war einem Rentner eine Sexfalle gestellt worden. "Mama", die weder schreiben noch lesen kann, soll ihre 13-jhrige Enkelin als Lockvogel ausgeguckt haben. An Silvester hatte das Mdchen den 61 Jahre alten Mann aus dem Raum Wrzburg nach Erkenntnissen der Kripo zu verfhren, whrend ihre Schwester den Missbrauch filmen sollte.
Aus der Anklage geht hervor, wie der inszenierte Fehltritt zur lukrativen Einnahmequelle werden sollte. Demnach hatte der Mann einen Schuldschein ber 200 500 Euro zu unterzeichnen, wenn er nicht wolle, dass ihm Beine und Zehen abgeschlagen wrden. Auch Bargeld soll unter Gewaltandrohung verlangt worden sein.
Bei diesem Opfer, das als erster von insgesamt acht Zeugen aussagte, handelt es sich um einen Freund der Familie. Er hatte eine der Tchter von "Mama" in einem Bad Mergentheimer Lokal kennengelernt. Fortan kam er regelmig zu Besuch, wobei er angeblich die ziemlich marode Wohnung auf seine Kosten sanierte. Am Rande des Prozesses bezeichnete er die Unterkunft fr etwa ein Dutzend Familienmitglieder als "katastrophal". Es habe kein flieendes Wasser gegeben, kein WC, keine Dusche. Der freundliche Helfer besorgte offenbar nicht nur Baumaterial, er bezahlte auch Lebensmittel und Kleider. "Ich war wohl zu naiv", sagte er.
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