Sonntag, 14. Juli 2013

Mutmaßlicher Mörder der Joggerin in Haft - DIE WELT

Der mutmaßliche Mörder von Anna-Lena U. wohnte nur knapp 1,5 Kilometer Luftlinie von der Sandfläche entfernt, an der die 29-Jährige vor fünf Tagen brutal getötet wurde. Um 2.30 Uhr am frühen Donnerstagmorgen stürmte das in Kiel stationierte Spezialeinsatzkommando (SEK) der schleswig-holsteinischen Polizei die Parterrewohnung des 45-jährigen Lübeckers in einem grau verputzten zweigeschossigen Mehrfamilienhaus im Stadtteil Eichholz und nahm den Mann wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes fest.

Im Westen wird Eichholz von dem Fluss Wakenitz begrenzt, im Osten schließt der Stadtteil direkt an die Landesgrenze und das Dorf Herrnburg (Landkreis Nordwestmecklenburg) an, das nach dem Tötungsdelikt bundesweit in die Schlagzeilen geraten war. Unweit des Dorfes auf einem alten Kolonnenweg entlang der ehemaligen Grenzanlagen war die Mutter eines zweijähriges Jungen getötet worden.

Der Tatverdächtige Norman L. wurde nach Schwerin gebracht, die dortige Staatsanwaltschaft leitet die Ermittlungen der 32-köpfigen Mordkommission. Der 45-Jährige wurde am Donnerstagnachmittag einem Haftrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ. Er wurde daraufhin in die Haftanstalt in Bützow gebracht und sitzt Untersuchungshaft. Man sei sich sehr sicher, den Täter gefasst zu haben, sagte der Rostocker Polizeipräsident Thomas Laum auf einer Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Allerdings habe der Verhaftete bislang weder ein Geständnis abgelegt noch sonst Angaben zur Tat gemacht.

Norman L. sei zwischen 1997 und 2004 mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, sagte Laum. Wegen Diebstahls, Leistungserschleichung, Vermögensdelikten und Verkehrsstraftaten. 1987 wurde er als Täter einer gefährlichen Körperverletzung ermittelt. 1989 versuchte er eine Frau zu vergewaltigen. Für diese Tat saß er zwei Jahre und neun Monate in Haft. Damals war er nicht nur erkennungsdienstlich behandelt worden, die Polizei nahm auch seine DNA auch in die DNA-Datenbank auf.

Die Spuren des Täters an der Leiche der 29-Jährigen und am Tatmesser, das im Tatortbereich, aber nicht unmittelbar am Tatort gefunden worden sei, hätten nach einem Datenbankabgleich auf den 45-Jährigen geführt. Das Ergebnis der DNA-Auswertung habe in der Mittwochnacht vorgelegen, daraufhin sei die Festnahme vorbereitet worden. Zudem gebe es Ähnlichkeiten zwischen den ehemaligen Taten von Norman L. und dem aktuellen Tötungsdelikt.

Laut der Ermittler scheiden Raub oder eine Beziehungstat als Motiv aus, Opfer und Täter sollen sich nicht gekannt haben. "Ein sexuelles Tatmotiv ist nicht auszuschließen, ist sogar das naheliegendste Tatmotiv", hieß es auf der Pressekonferenz. Allerdings soll die 29-Jährige nicht vergewaltigt worden sein. Ob Norman L. nach der Tat nach Hause gegangen sei, oder was er sonst gemacht habe, weiß die Polizei noch nicht. Die Ermittlungen in dem Fall seien noch nicht zu Ende, betonte Polizeipräsident Laum.

Die gebürtige Lübeckerin Anna-Lena U., die einen Italiener geheiratet hatte und in der Nähe von Florenz gelebt haben soll, war zu Besuch bei ihren Eltern. Am vergangenen Sonntagmorgen war sie zum Joggen in die Palinger Heide aufgebrochen, einem bei Lübeckern beliebten Waldgebiet. Dort hatte der Täter sie überrascht. Laut der Spuren am Tatort soll sich die Frau gewehrt haben. Sie starb durch einen Messerstich in den Hals, möglicherweise war ihre Kehle durchtrennt worden.

Nach der Festnahme am frühen Morgen rückten gegen 11 Uhr Mordkommission und Spurensicherung der Kriminalpolizei in Eichholz an und durchsuchten die Wohnung des Festgenommenen. Am Nachmittag trugen Beamte große braune Papiertüten aus dem Haus und luden sie in einen blaulackierten Volkswagen Bus. Zum Inhalt ist noch nichts bekannt. Medienberichten zufolge soll der 45-Jährige arbeitslos sein, drei Kinder haben, aber nach seiner Scheidung allein leben.

Die Polizei dankte der regen Anteilnahme und Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung. Insgesamt seien 87 Hinweise bei der Mordkommission eingegangen. Die Polizei prüft derzeit auch, ab der Verhaftete noch für weitere Straftaten verantwortlich sei. Noch ungeklärt ist etwa der Mordfall Christin M. Die 36-jährige Krankenschwester und ihr damals fünfjähriger Sohn waren 2007 in einem Wald bei Kröppelin nahe Rostock von einem Unbekannten überfallen worden. Die Frau war durch Schläge mit einem Ast so schwer verletzt worden, dass sie am Tag darauf starb. Ihr Sohn überlebte. Ein Massen-DNA-Test hatte nicht zu dem Täter geführt.

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