Samstag, 15. Juni 2013

Frau spürt Mörder ihres Vaters auf - Hamburger Abendblatt

13.06.13

Amerikanerin fahndete jahrelang im Internet. Polizei hatte die Tat von 1986 längst zu den ungelösten Fällen gelegt

New York. Als Jose Martinez im November 1986 ermordet wurde, hatte er gerade erst mit seiner Tochter Joselyn deren zehnten Geburtstag geplant. Ein großes Fest sollte es geben, mit einer Torte, vielen lustigen Spielen und einem Haufen Freunden. Doch zu der Feier im Januar kam es nicht mehr. Kurze Zeit später war der damals 41-jährige Einwanderer aus der Dominikanischen Republik tot. Drei Teenager hatten ihn vor den Augen seiner Frau in seinem Restaurant im New Yorker Stadtbezirk Inwood nach einem heftigen Streit kaltblütig erschossen.

"Als ich am Morgen nach dem Mord aufwachte, sagte mir meine Mutter, dass mein Vater tot sei", erinnert sich die heute 36 Jahre alte Joselyn Martinez, eine aufstrebende Schauspielerin und Sängerin an den schlimmsten Tag ihres Lebens. "Wir waren alle am Boden zerstört."

Mehr als 26 Jahre liegt die Tat zurück. Ein Mord, den die Polizei längst zu den Akten ungeklärter Verbrechen gelegt hatte. Denn der damalige Schütze, den die Ermittler bereits kurz nach dem Verbrechen als Justo Santos identifizierten, hatte sich schnell in die Dominikanische Republik abgesetzt. Dort haben die Fahnder die Spur des damals 16 Jahre alten Teenagers bereits vor Jahren verloren. Ein ungelöster Kriminalfall wie so viele.

Doch Joselyn Martinez wollte das nicht akzeptieren. "Ich konnte mich nicht damit abfinden, dass mein Vater ermordet wurde und der Täter frei herumläuft", sagt Martinez. Sie hatte seinen Namen und wusste auch, wie er aussah. "Das Foto auf dem Fahndungsplakat der Polizei hing in unserem Bezirk überall herum", erinnert sie sich. "Er hat mich darauf angelächelt." Ihre Mutter Idalia habe immer auf das Bild gezeigt und gesagt, sie solle nie den Namen vergessen. "Du musst wissen, wer unserer Familie das angetan hat."

Knapp zehn Jahre nach dem Mord geht Joselyn Martinez zum ersten Mal selbst zur Polizei und will sich über den Stand der Ermittlungen erkundigen. Doch was sie dort hört, macht sie nur traurig und wütend. Die Beamten wissen nicht, wo sich Justo Santos aufhält. Nach dem Treffen mit der Polizei habe sie sich gefragt, warum sie nicht selbst nach ihm suche. "Ich musste es zumindest versuchen", sagt Martinez. "Ich wollte, dass der Mörder meines Vaters hier in New York vor Gericht kommt."

Doch die Recherche ist mühsam. Und bleibt lange ohne Erfolg. Sie durchforstet soziale Netzwerke wie Myspace und Facebook. Doch eine Spur findet sie nicht. "Ich wollte wissen, warum Santo mir das angetan hatte", sagt Martinez. "Deshalb konnte ich nicht aufgeben."

Erst im Jahr 2008, 22 Jahre nach dem Mord, hat sie Erfolg. In verschiedenen Suchdiensten im Internet wie Peoplesearch oder Background.com taucht der Name Justo Santos auf. Martinez investiert 280 Dollar an Gebühren, um alle Informationen abzurufen. Was sie findet, überrascht sie. Der Mörder ihres Vaters lebt längst nicht mehr in der Dominikanischen Republik, sondern ist zurück in den USA. Santos wohnt in Miami und arbeitet seit mehreren Jahren in einer Reinigungsfirma.

"Diese Dienste hatten einfach alles", erinnert sich Martinez an ihre ersten Treffer. Sie findet seine Adresse und selbst seine Telefonnummer. "Er muss wirklich gedacht haben, dass er ungestraft davonkommen würde." Er habe noch nicht einmal versucht, seine Identität zu verheimlichen. Einen Tag nach ihrer erfolgreichen Internetsuche wird der mittlerweile 43-jährige Santos von der Polizei in Miami verhaftet. Er gesteht die Tat und soll jetzt nach New York ausgeliefert werden.

"Ich bin sehr stolz auf meine Tochter", sagt Mutter Idalia. "Ich habe immer daran geglaubt, dass Joselyn eines Tages diesen Verbrecher findet."

Viel Lob kommt auch von der New Yorker Polizei. "Man kann sagen, dass sie dieses Verbrechen gelöst hat", gratuliert Robert Dewhurst, Chef der Abteilung für ungelöste Kriminalfälle. "Sie war unglaublich und hat großartige Arbeit geleistet."

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