Mit gezielten Angriffen auf Regierungsgebäude der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas hat Israels Luftwaffe ihre Offensive im Gazastreifen fortgesetzt. Der Hauptsitz der Regierung wurde nach Korrespondentenberichten in Schutt und Asche gelegt. Während Israel weiter eine mögliche Bodenoffensive vorbereitet, richteten Politiker aus aller Welt Appelle der Mäßigung an die Konfliktparteien.
Israels Luftwaffe habe in der Nacht den Sitz von Regierungschefs Ismail Hanija beschossen, teilte auch die Armee am frühen Morgen mit. Insgesamt hätten die Angriffe 85 "Terrorzielen" gegolten, darunter Werkstätten zum Bau von Raketen. "Was ich heute gesehen habe, ist wie ein Realität gewordener Horrorfilm", sagte die 18-jährige Soha in Gaza.
Laut israelischem Fernsehen wurden allein in der Nacht zum Samstag etwa 180 Luftangriffe geflogen. Der Armee zufolge gab es seit dem Beginn von Israels Offensive am Mittwoch mehr als 830 Angriffe auf den Gazastreifen. Radikale Palästinensergruppen im Gazastreifen hätten seither mindestens 610 Raketen abgefeuert, von denen mehr als 230 abgefangen worden seien, sagte eine israelische Armeesprecherin.
Durch die Angriffe im Gazastreifen wurden am Samstag laut palästinensischen Rettungskräften mindestens zehn Palästinenser getötet. Israelische Sicherheitskräfte berichteten von vier leicht verletzten Soldaten sowie fünf verletzten Zivilisten bei Raketenangriffen in Südisrael. Seit Mittwoch wurden nach Angaben beider Seiten 40 Palästinenser und drei Israelis getötet.
In Tel Aviv wurde den dritten Tag in Folge Luftalarm ausgelöst. Eine gerade erst installierte Luftabwehrbatterie fing laut Israel erfolgreich eine heranfliegende Rakete ab. Im Gazastreifen bekannten sich die Essedin-al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Palästinenserorganisation Hamas, zu dem Angriff mit einer Rakete vom Typ Fadschr 5 aus iranischer Produktion. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament, Allaeddin Borudscherdi, sagte dem Sender Al-Alam, sein Land habe keine Faschr-5-Raketen an die Hamas geliefert.
Am Donnerstag hatten Raketen erstmals seit 1991 den Großraum von Tel Aviv erreicht, am Freitag schlug eine Rakete fünf Kilometer von Jerusalem entfernt ein. Die israelische Regierung leitete daraufhin die Mobilisierung von bis zu 75.000 Reservisten ein und intensivierte damit die Vorbereitungen für eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen.
US-Präsident Barack Obama telefonierte mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dem ägyptischen Staatschef Mohammed Mursi über mögliche Auswege aus dem Konflikt. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan sagte bei einem Besuch in Kairo, Israel müsse für den Tod "unschuldiger Kinder" zur Rechenschaft gezogen werden. Auch der im Exil lebende Hamas-Chef Chaled Maschaal reiste nach Kairo, um über ein Ende der Gewalt zu verhandeln, bezweifelte aber die Einhaltung einer Waffenruhe durch Israel.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte nach einem Telefonat mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, "Besonnenheit und Mäßigung" seien "auf allen Seiten dringend erforderlich". Auf einer Dringlichkeitssitzung am Samstag in Kairo wollte die Arabische Liga von Israel eine sofortige Feuerpause verlangen, wie AFP von einem arabischen Diplomaten erfuhr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen