Kairo - Beim Fluchtversuch whrend eines Gefangenentransports sind am Sonntag mehrere Anhnger der Muslimbruderschaft in gypten gettet worden. Das gyptische Innenministerium besttigt, dass 36 Hftlinge ums Leben gekommen seien.
Die Polizei sei gegen Muslimbrder vorgegangen, die fliehen wollten, als sie in das Gefngnis Abu Saabal am Rande Kairos transportiert werden sollten, teilte das Innenministerium am Abend mit. Einem Vertreter der Polizei zufolge wurde Trnengas eingesetzt. "36 von ihnen sind erstickt, nachdem die Polizei Trnengas einsetzte, um den Ausbruch zu verhindern", erklrte das Ministerium. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wurde der Transport von "unbekannten Bewaffneten" angegriffen, die den Gefangenen zu Hilfe kommen wollten.
ber den genauen Verlauf der gewaltsamen Konfrontationen bei dem Fluchtversuch der Hftlinge gibt es unterschiedliche Berichte.
Der arabische Nachrichtensender al-Dschasira meldete, die bereits am Samstag festgenommenen Mnner htten bei ihrem Fluchtversuch einen Polizeioffizier als Geisel genommen. Andere Polizisten htten von auen durch die Fenster eines Gefangenentransporters das Feuer erffnet und alle Insassen des Fahrzeugs erschossen. Eine offizielle Stellungnahme der Behrden zu dieser Darstellung gibt es bislang nicht.
Das gyptische Staatsfernsehen berichtete am Sonntagabend, eine Gruppe von Bewaffneten habe versucht, den Transport zu stoppen, mit dem 612 Gefangene in die Haftanstalt gebracht werden sollten. Es entbrannte den Angaben zufolge ein Gefecht zwischen der Polizei und den Angreifern. Dabei seien 36 der Angreifer gettet worden. Einige Gefangene htten Erstickungsanflle durch das Trnengas erlitten.
Nach Angaben der Muslimbruderschaft wurden bei dem Vorfall 35 ihrer Mitglieder gettet. Die Islamisten hatten die Zahl der Opfer zunchst mit 52 angegeben, spter korrigierten sie diese Angaben. Sie bestritten, dass die Gefangenen versucht haben sollen zu fliehen. "Die Ermordung von 35 festgenommenen Teilnehmern an Demonstrationen gegen den Sturz von Prsident Mohammed Mursi zeigt die zielgerichtete Gewalt der Sicherheitskrfte", erklrten die Muslimbrder. Die Anhnger von Mursi, der selbst der Muslimbruderschaft entstammt, seien "das Ziel kaltbltigen Ttens".
EU-Auenminister planen Sondersitzung zur Lage in gypten
In Kairo zogen am spten Sonntagnachmittag sechs Demonstrationen in Richtung des Verfassungsgerichts. Damit forderten die Islamisten symbolisch die Wiedereinsetzung der Verfassung des gestrzten Prsidenten Mohammed Mursi. In zahlreichen Stadtteilen haben seit vergangener Woche sogenannte Volkskomitees die Kontrolle bernommen: Brgerwehren, die mit Armee und Polizei zusammenarbeiten und das Recht in ihre eigenen Hnde nehmen. Am Sonntagabend verkndete das Innenministerium ein Verbot dieser Gruppen, weil sie gesetzlich nicht vorgesehen seien.
Die staatlichen Medien hetzen weiter gegen alle, die den Kurs der neuen Fhrung in Kairo nicht mittragen. Dies hat auch der zurckgetretene Vize-Prsident Mohamed ElBaradei zu spren bekommen. Am Freitag hatte die groe Tageszeitung "Akhbar al-Jaum" eine Karikatur verffentlicht, die ElBaradei als Mrder zeigt, der gypten - in der Zeichnung als eine Frau dargestellt - einen Dolch in den Rcken stt.
Am Sonntag hat ElBaradei, der sein Amt aus Protest gegen das Blutvergieen gerumt hatte, die Konsequenzen gezogen. Der Friedensnobelpreistrger hat gypten verlassen und ist nach Wien geflogen. In der sterreichischen Hauptstadt hatte ElBaradei bereits in seiner Zeit als Chef der Internationalen Atomenergieagentur IAEA von 1997 bis 2010 gelebt.
Am Montag beraten in Brssel Boschafter von 28 EU-Staaten ber eine europische Reaktion auf das Blutvergieen am Nil. Sie bereiten auch eine Sondersitzung der EU-Auenminister vor, die noch in dieser Woche stattfinden knnte, sagten Diplomaten.
Mehrere EU-Staaten, darunter auch Deutschland, haben bereits Finanzhilfen fr staatliche Entwicklungsprojekte in gypten auf Eis gelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel pldiert angesichts der anhaltenden Gewalt in gypten zudem fr einen Stopp der Rstungsexporte in das krisengebeutelte Land.
US-Senator warnt vor Einflussnahme des Terrornetzes al-Qaida
In den USA streiten die Abgeordneten im Kongress weiter heftig darber, ob die Eskalation der Lage in gypten eine Krzung der Militrhilfen fr Kairo rechtfertigt - oder diese sogar ganz gestrichen werden mssen. Die USA berweisen jhrlich 1,3 Milliarden Dollar an gypten. Whrend einige Senatoren am Sonntag das brutale Vorgehen der Sicherheitskrfte verurteilten, uerten andere die Sorge, ein Ende der Zahlungen werde den Einfluss auf einen Schlsselpartner im Nahen Osten gefhrden.
Der republikanische Senator Lindsey Graham, der sich gemeinsam mit seinem Parteikollegen John McCain zuletzt fr einen Stopp der Hilfszahlungen aussprach, warnte im Nachrichtensender CBS davor, die Muslimbruderschaft in den Untergrund zu treiben: "Al-Qaida wird ihnen zu Hilfe kommen, und dann haben wir es nicht mehr mit Demonstranten, sondern mit einem bewaffneten Aufstand zu tun", gab der Senator zu bedenken. "Dann htten wir einen gescheiterten Staat."
Vor allem in den Reihen der Demokraten gibt es dagegen Stimmen, die vor einem Stopp der Militrhilfe warnen, weil dies das Friedensabkommen mit Israel und die US-Interessen am Suez-Kanal gefhrden knnte. "Es gibt keine guten Entscheidungen", sagte der demokratische Senator Richard Blumenthal dem Sender Fox News. "Aber wenn wir uns beide Optionen anschauen, dann knnen wir Amerikas Interessen besser schtzen, wenn wir mit dem Militr zusammenarbeiten."
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