Montag, 7. Oktober 2013

Geweint, getröstet, getötet und gefallen: Bundeswehr verlässt Kundus - STERN.DE

Nach zehn Jahren verlsst die Bundeswehr heute ihren gefhrlichsten Einsatzort, das nordafghanische Kundus. Ein historischer Tag, zu dem gleich zwei deutsche Bundesminister angereist sind. "Kundus, das ist fr uns der Ort, an dem die Bundeswehr zum ersten Mal gekmpft hat, lernen musste zu kmpfen", sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere am Sonntagmorgen im Feldlager Kundus, in das er gemeinsamen mit Auenminister Guido Westerwelle gereist war. In einer feierlichen Zeremonie werden die beiden Politiker das Camp heute offiziell an die afghanischen Sicherheitskrfte bergeben. "Das war eine Zsur - nicht nur fr die Bundeswehr, sondern auch fr die deutsche Gesellschaft".

Auch wenn die Bundeswehr die Provinz nun verlasse, werde sie diese doch niemals vergessen, betonte der Minister die groe symbolische Bedeutung der Region fr die deutschen Truppen. "Kundus hat die Bundeswehr geprgt wie kaum ein anderer Ort - hier wurde aufgebaut und gekmpft, geweint und getrstet, gettet und gefallen", erklrte de Maiziere. "Kundus wird fr immer Teil unseres gemeinsamen Gedchtnisses bleiben". In Kundus wurden 18 deutsche Soldaten bei Anschlgen und Gefechten gettet, mehr als an jedem anderen Ort seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Insgesamt starben in Afghanistan 35 Bundeswehr-Soldaten durch Feindeinwirkung, 19 weitere kamen durch Unflle und Selbstmorde ums Leben.

430 Millionen Euro jhrlich fr den Wiederaufbau

De Maiziere nahm die afghanische Polizisten und Soldaten in die Pflicht, auf denen nun endgltig die volle Verantwortung fr die Sicherheit in der Unruhe-Region lastet. "Wir hoffen und erwarten, dass die afghanischen Sicherheitskrfte die Sicherheit in und um Kundus bewahren und notfalls wiederherstellen", mahnte der Minister. "Die Verantwortung, die wir an Sie, unsere afghanischen Partner, bergeben, ist gro". Deutschland wisse, was dies bedeute, habe groen Respekt vor der Tapferkeit und Standhaftigkeit der afghanischen Soldaten und Polizisten.

In das Bundeswehr-Lager soll knftig ein Bataillon afghanischer Soldaten sowie Bereitschaftspolizei einziehen. Die Sicherheitslage in der Unruhe-Provinz hatte sich zuletzt verschlechtert, mehrere prominente Politiker wurden in den vergangenen Wochen von den radikal-islamischen Taliban ermordet. Auch die Angriffe auf kleinere Posten der afghanischen Sicherheitskrfte hufen sich. Viele Afghanen befrchten eine weitere Verschrfung der Lage, wenn die Bundeswehr aus Kundus abgezogen ist.

Westerwelle versicherte, Deutschland werde Afghanistan auch nach dem Abzug aus Kundus nicht im Stich lassen. "Unsere Arbeit fr eine gute Zukunft Afghanistans endet nicht hier", erklrte er. "Wir setzen unser ziviles Engagement fr Afghanistan fort". Deutschland hat Afghanistan bis 2016 bis zu 430 Millionen Euro jhrlich fr den Wiederaufbau versprochen.

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Derzeit sind noch etwa 4000 deutsche Soldaten im Afghanistan-Einsatz, 900 davon in Kundus. Sptestens zum Monatsende soll die Bundeswehr das Feldlager in der Unruheprovinz verlassen haben.©

Vollstndiger Abzug der Nato mglich

Die bergabe des Feldlagers ist der letzte groe Meilenstein auf dem Weg zum Abzug aus Afghanistan. Zugleich markiert sie das weitgehende Ende des deutschen Kampfeinsatzes am Hindukusch: Nach der Rumung Camps in Kundus im Laufe des Oktober wird die Bundeswehr nur noch eine kleine Reserve an Kampftruppen fr Notflle im 200 Kilometer entfernten Hauptquartier in Masar-i-Scharif vorhalten. Der deutsche Einsatz wird sich damit grundlegend verndern.

Die Nato will ihren Kampfeinsatz am Hindukusch bis Ende 2014 abschlieen. Danach soll nur noch eine wesentlich kleinere Beratermission die afghanischen Sicherheitskrfte untersttzen. De Maiziere geht davon aus, dass nach 2014 noch 600 bis 800 deutsche Soldaten am Hindukusch im Einsatz sind. Voraussetzung fr diesen Folge-Einsatz ist allerdings ein Truppenstatut. Die Verhandlungen darber zwischen der Fhrungsnation USA und der afghanischen Regierung stocken jedoch seit langem, so dass auch ein vollstndiger Abzug der auslndischen Truppen nicht ausgeschlossen ist. Ohne die USA und ihre gewaltige Militrmaschinerie gilt ein Einsatz am Hindukusch als nicht machbar. Vor einigen Jahren waren die USA bereits komplett aus dem Irak abgezogen, nachdem dort die Verhandlungen ber ein Truppenstatut gescheitert waren

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