Schön im Frühling, wenn die Blumen sprießen und die Vögel aus dem warmen Süden zurückkommen und ihre Lieder trällern. Ja wenn. Denn Millionen der possierlichen Tierchen, die jetzt im Herbst auf Reisen gehen, kommen nie mehr nach Hause. Sie werden getötet, gerupft und auf Märkten verscherbelt. Oft landen sie als Delikatesse in Kochtöpfen.
Die Problematik ist bekannt. Schon immer werden Singvögel im Mittelmeerraum abgefangen und verspeist. Neu ist jedoch das Ausmaß der Katastrophe. Vom Gaza-Streifen bis zur libyschen Grenze versperren teils dreireihige Netzanlagen den Weg. Die Tiere verheddern sich darin, verletzen sich die Flügel, sterben oft einen qualvollen Tod. «Hinter der illegalen Jagd steckt vor allem ein lukratives Geschäft: Wachteln werden für fünf, Singvögel für drei Euro verkauft. Besonders um Arten wie Neuntöter, Wendehals, Wachtel und Turteltaube müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen», sagt dazu Vogelschutzexperte Lars Lachmann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
Millionen Vögel verenden in Fangnetzen
Die größte Fanganlage entdeckte vor einigen Monaten ein Filmteam des Bayerischen Rundfunks: An Ägyptens Küste blockieren Netze über 700 Kilometer den Weg in die Überwinterungsgebiete. Nach neuesten Hochrechnungen des Nabu landet jeder 17. europäische Zugvogel in den ägyptischen Fanganlagen. Das sind 140 Millionen Vögel pro Jahr.
Besonders kleinere Langstreckenzieher, die den Weg über das östliche Mittelmeer nach Afrika nehmen, sind von der Katastrophe betroffen. Neuntöter, Pirol, Nachtigall und verschiedene Grasmücken landen in den Fangnetzen, die angeblich nur dem Wachtelfang dienen.
Seitens des Nabu befürchtet man dramatische Auswirkungen auf die Bestände gefährdeter Vogelarten. Mit einer Petition, die noch bis zum 13. Oktober unterzeichnet werden kann, soll die Ägyptische Regierung sensibilisiert werden. Auch das Bundesumweltministerium hat sich eingeschaltet. Ein Schreiben fordert die ägyptische Regierung auf, Vogelfang und Vogeljagd effektiv zu regulieren und internationale Naturschutz-Konventionen einzuhalten. Die erste Reaktion fiel positiv aus: Das ägyptische Umweltministerium will den massenhaften Vogelmord ernst nehmen.
Morde gefährden europäischen Artbestand
Für den Nabu ist das zu wenig. Die politische Lage in Ägypten ist instabil. Regelungen für eine nachhaltige legale Jagd fehlen. «Unsere Kampagne hat das unglaubliche Ausmaß des Vogelmords in Ägypten auf die internationale politische Agenda gesetzt. Doch die ersten zarten Versprechungen müssen nun möglichst schnell zu konkreten und überprüfbaren Maßnahmen führen, damit die in Europa mit viel Aufwand geschützten Vogelarten nicht noch größeren Schaden nehmen», sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke.
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